Malerei und Grafik
Wie Familie und Freunde berichteten, hatte Max Wendl schon als Kind Freude am Zeichnen. Wendls Eltern erkannten früh sein Talent und förderten es. Max und seine
Schwester Franziska halfen bereits im Kindesalter in der Vergolder-Werkstatt des Vaters mit. Die später häufig virtuos angewandte Verwendung von Blattgold auf den
verschiedensten Untergründen ist sicherlich auf diese prägenden Einflüsse zurückzuführen.
Max Wendl musste im Jahr 1918 auf Grund „schlechter Führung“ die Oberrealschule ohne Abschluss der Mittleren Reife verlassen. Häufig hatte er den
Unterricht versäumt, weil er mit seinen Freunden im Dachauer Moos bei München herumstreunte. Diese frühen Aufenthalte in der Natur prägten seine spätere künstlerische Vorliebe für
ländliche und bäuerliche Motive sowie für Tierbilder.
Da der Sohn den Künstlerberuf ergreifen wollte, riet sein Vater dazu, zunächst eine solide Lehre zu absolvieren und brachte seinen Sohn in der
Bayerischen Hofglasmalerei van Treeck unter. Hier erlernte er in den Jahren 1919 bis 1921 die verschiedenen Techniken der Glasmalerei.
Nach der Lehre wechselte Max Wendl an die Münchner Kunstgewerbeschule, wo
er ab 1921 bei Richard Riemerschmid studierte. Im Gegensatz zu den „verstaubten“
Akademien wurde an den deutschen Kunstgewerbeschulen ein moderner, ganzheitlich orientierter Ansatz verfolgt, der die Studenten in allen Bereichen der bildenden und angewandten
Kunst schulte – von der Architektur über die Malerei bis zur Weberei und Typografie. Obwohl er in München vor allem Malerei studierte, zeigt sich im Gesamtwerk Max Wendls seine
Begeisterung für die unterschiedlichsten Bereiche künstlerischen Schaffens.
Während seines Studiums zog Wendl in den Zwanziger Jahren mit seinen Freunden aus dem Münchner 'Singkreis' – einer Gruppierung innerhalb der Jugendbewegung –
quer durch Deutschland, immer mit Musikinstrumenten im Gepäck. Frühe Zeichnungen, wie der schnell mit leichtem Strich erfasste „Reitende Bauernbursche“ von 1922, sind sicherlich
auf Impressionen während solcher Wanderungen durch ländliche Gegenden zurückzuführen.
Auch in der Gattung der Malerei schuf Wendl während der Studienzeit in München eigenständige Werke. Insbesondere beschäftigte er sich mit der Glasmalerei.
Das mit Blattgold hinterlegte Hinterglasbild „Kämpfende Reiter“ behandelt, wie die eben genannte Zeichnung das Thema „Mensch und Tier“, das Wendl sein Leben lang beschäftigt. Reiter, Pferde und ein Hund
sind geometrisiert, ihre Gliedmaßen gelängt; dennoch ist die Dynamik der Szene erhalten. Die Farben konzentrieren sich auf die Kontraste Rot-Grün und Schwarz-Weiß vor dem goldenen Hintergrund. Der Stil verweist
schon auf den Einfluss von Jan Thorn Prikker (1868-1932), der
bis 1923 als Lehrer an der Münchner Kunstgewerbeschule wirkte und der sicher auch Wendls verstärkte Hinwendung zur Glaskunst evozierte.
Auch der „Kreuzweg“, 14 Stationen, in Hinterglas, den Wendl 1925 gestaltete, erinnert in den stilisierten Gesten, der geschlossenen
Kontur sowie der ornamentalen Strukturierung der Körper und Roben an Thorn Prikker, doch finden sich auch eigene Gestaltungselemente: die übergroßen Gewandungen betonen den
leidenden, trauernden Ausdruck der Figuren, und Wendl bezog zur formalen Auflockerung bewusst dekorative Muster mit ein.
Im selben Jahr entstand das Ölgemälde „Auferstandener Christus“, wiederum unter Einbeziehung von Blattgold. Es handelt sich um eine moderne, symbolisch
aufgeladene Variante des Auferstandenen, deren Komposition von einer klaren Reduktion auf geometrische Formen bestimmt ist.
1926 führte Wendl gemeinsam mit seinen Studienkollegen und Freunden, dem Maler Joseph Mader (1905–1982) und dem Bildhauer Fritz Müller-Kamphausen
(1901–1955) seine künstlerische Ausbildung an den Kölner Werkschulen – einer der innovativsten deutschen Kunstgewerbeschulen – weiter. Viele Arbeiten in verschiedensten Techniken –
Zeichnungen, Druckgrafiken und
Gemälde – entstanden in der Kölner Zeit.
Der Themenkreis „Tiere“ – hier das Bildbeispiel „Falke“ - zieht sich wie ein roter Faden durch Wendls Werk. Der Künstler hat sich offensichtlich intensiv
mit der mythisch-kulturellen Bedeutung bestimmter Tiergestalten auseinander gesetzt. Der Falke – in Wendls hellem, expressiv-flächigen Bild majestätisch auf einem Felsvorsprung
thronend – symbolisierte in vielen Kulturen von Ägypten bis zu den Inka die Sonne sowie geistige Freiheit und Hoffnung. Für den Künstler selbst war das Bild eine seiner wichtigsten
Arbeiten innerhalb des gesamten Œuvres.
Im Sommer 1931 kehrte Max Wendl von Köln nach Bayern zurück. Zu Beginn des Jahres 1932 stellen Max Wendl, Fritz Müller-Kamphausen und Joseph Mader gemeinsam im Graphischen Kabinett
Günter Franke in München aus. Die Präsentation bei Franke ermöglichte Wendl kurzfristig einen Aufenthalt in Italien: er erhielt ein Stipendium für die Villa Massimo in Rom.
In Italien entstanden unter anderem das Ölgemälde „Carabiniere zu Pferd“ sowie die Grafik „Römische Skizzen“.
Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt.

Der dunkle, bedrohliche Himmel über dem in fein abgestuften Grüntönen gemalten, aufgepeitschten See mit dem hilflosen Boot und dem ornamental strukturierten hellen Segel enthält möglicherweise eine versteckte Symbolik, Max Wendls Situation im „Dritten Reich“ betreffend. Zwar konnte er noch als Künstler arbeiten, doch wurde er ab Mitte der Dreißiger Jahre auch zum Opfer der NS-Kulturpolitik. Die schwankende Jolle mit dem kleinen Segler darin kann deshalb auch auf die unsichere Situation Wendls zu einer Zeit verweisen, in der sich die kunstpolitischen Maßnahmen der Nationalsozialisten verschärften. 1937 wurde im Rahmen der NS-Beschlagnahmungskampagne „Entartete Kunst“ Max Wendls Komposition „Jäger im Boot“ aus der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München entfernt. Auch frühe Wandmalereien des Künstlers im Münchner Isartorturm wurden übermalt, wenn nicht gar gänzlich zerstört.

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 wurde Max Wendl als sog. „Abkömmlicher“ im April 1940 im Alter von bereits 36 Jahren als Soldat nach Traunstein im Chiemgau zum Kriegsdienst verpflichtet. Kurz darauf wurde er in den Ardennen in Frankreich eingesetzt, im Sommer 1940 nach Belgien verlegt. Dort blieb er – abgesehen von einigen Kurzaufenthalten und Reisen in das französische Gebiet und nach Polen – bis zum Kriegsende.
Ein wichtiger Ausgleich zum Kriegsgeschehen war für Max Wendl die Musik. An seine spätere Frau, die Geigerin Annemarie Knapp, schrieb er wieder und wieder, wie sehr ihm das Musizieren im Krieg als innerer Halt diene, einen Soldaten, der „als Maschinenteil“ funktioniere, „zum Menschen“ mache.

Bei den Aquarellen handelt es sich fast ausschließlich um Landschaftsbilder, in welchen Wendl die vor den Natur- und Dorfkulissen gewonnenen Eindrücke verarbeitete. Ohne die Kompositionen zuvor zeichnerisch anzulegen, arbeitete Wendl – ausgestattet mit einem kleinen Aquarell-Malkasten – direkt mit pastelliger und
Nur relativ selten erkennt man ganz verschwommen entsetzliche, vom Künstler selbst beobachtete Geschehnisse – wie ein brennendes Dorf – die er versteckt und stark abstrahiert ins Bild setzte, so als wolle er die Motive gleichzeitig festhalten und verdrängen. Der „Brennende Wald“ beispielsweise bezieht sich auf den Absturz eines Flugzeuges, den Wendl miterlebte.


Anfang der Vierziger Jahre karikierte Wendl zum Teil humorvoll, zum Teil bitterböse; jedenfalls scharf beobachtend, das raue Leben der Soldaten. Deutlich konturiert, bisweilen heftig überzogen, zeigen über hundert Karikaturen die Realität des Krieges im Kontrast zu den Tagträumen der reinen Landschaftsbilder.
Im Herbst 1945 kehrte Wendl, nachdem er einige Zeit als Kriegsgefangener in Dormagen verbracht hatte, wieder nach Hub bei Prien zurück. Die entbehrungsreiche und emotional belastende Zeit im Gefangenenlager hatte ihn so sehr geschwächt, dass er an einer Hepatitis erkrankte. Umsorgt von seiner Schwester Franziska Gerg und deren Familie, nahm er während seiner langsamen Genesung seine künstlerische Arbeit wieder auf.
Die Tempera-Arbeit „Der Klavierspieler“ bekundet Wendls Liebe zur Musik. Max Wendls Eltern hatten ihn und seine Schwester schon früh zum Musikunterricht angehalten; beide



In der „Sitzenden Frau“ ist diese in kubischen und dreieckigen Formen aufgelöst und wird so zum geometrischen Objekt. Hier zeigt sich über die Beschäftigung mit Picasso hinaus Wendls Annäherung an die generelle Tendenz zur Abstraktion in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.
Tragischer Weise hatte Wendl – wie viele seiner Zeitgenossen der sogenannten „verschollenen Generation“ – mit seiner freien Malerei in der Nachkriegszeit wenig Chancen. Obwohl er die freie Malerei als seine „eigentliche Passion“ betrachtete, konnte er damit kaum Geld verdienen.






Bis in die späten Sechziger Jahre, als er schließlich seine künstlerische Tätigkeit aufgab, blieb Max Wendl dem figurativen bzw. gegenstandsbezogenen Bild treu.
Am 15. Dezember 1984 starb Max Wendl in München. Er ist in München auf dem Schwabinger Nordfriedhof im Familiengrab bestattet – den Grabstein hatte er selbst gestaltet.
Beate Marks-Hanßen