Kirchenfenster
Glas ist in Wendls Spätwerk das vorherrschende Material. Neben seinen eher privaten Hinterglasarbeiten erhielt er zwischen 1955 und 1963 auch große öffentliche Aufträge für Kirchenverglasungen.
Seine ersten Kirchenfenster in der Nachkriegszeit realisierte Wendl 1955 für den Erweiterungsbau von
St. Johannes in Altlochham bei München. In sieben Fenstern umfangen
geometrisch vereinfachte Christussymbole das neue liturgische Zentrum. Die weißen, achsen-symmetrischen Symbole sind eingebettet in ein Mosaik aus Antikgläsern, deren mannigfaltige blaue und rote
Farbtöne die Altarapsis in ein faszinierendes Licht tauchen.
Im Jahr 1958 schuf der Künstler weitere Bleiverglasungen, nämlich für die
Einhard-Basilika in Seligenstadt und für das Ingolstädter Liebfrauenmünster.
Sämtliche Aufträge für Kirchenfenster erhielt Wendl in den folgenden Jahren von der Diözese Eichstätt, wobei fünf Kirchenverglasungen allein auf Ingolstadt entfallen. Das
umfangreichste Werk stellt dabei ein Zyklus von insgesamt 20 hohen Betonglas-
Fenstern (je 750 x 150 cm) dar, die Wendl für die St. Pius-Kirche in Ingolstadt entwarf und im Zeitraum von zwei Jahren selbst handwerklich ausführte.
Neben vier Figurenfenstern hinter dem Altar und zwei unfigürlichen
Fenstern bildet der Großteil der Verglasung von St. Pius einen monumentalen Kreuzwegzyklus, der den kreisförmigen Kirchenraum fast vollständig umgibt. Bei den 14 Stationen des Kreuzwegs ist die
Farbigkeit insgesamt verhalten, doch tritt der Rot-Blau-Kontrast vor dem eher grau gehaltenen Grund umso deutlicher hervor. Besonders intensiv leuchten die Symbole der Passion – das in jedem
Fenster wiederkehrende Rot des Kreuzes sowie das Gelb-Gold der Dornenkrone.
Auch Anfang der Sechziger Jahre setzte sich der Erfolg seiner Kirchenfenster fort. 1960 gestaltete Wendl die Fenster der Kapelle des Kindergartens St. Anton
in Ingolstadt.
Eine dynamische Figurenkomposition über mehrere schmale Längsbahnen hinweg bilden das Motiv der Verkündigung. Ein Engel schwebt dabei mit der frohen Botschaft von rechts zur sitzenden Maria heran,
die überrascht zurückweicht.
Von der Giebelform des Fensters angeschnitten, erscheint, von oben herab-kommend, die Taube des Heiligen Geistes zwischen den beiden Figuren.
1962 konnte Wendl für St. Hedwig in Markt Berolzheim an die fruchtbare Zusammenarbeit mit Josef Elfinger, dem Architekten von St. Pius, mit weiteren
Werken anknüpfen. An der Stirnseite der Kirche gestaltete der Münchner 33 quadratische Felder in Betonglas. Bis zum Jahr 1963 folgten noch seine letzten Verglasungen, nämlich für die Ingolstädter
Kirchen Herz-Jesu (Architekt Hans Zitzelsberger)
und St. Josef sowie für die Marienkirche Gunzenhausen – die
beiden letzteren wiederum von Elfinger erbaut. Wendl realisierte für insgesamt vier Sakralbauten monumentale Fensterwände in Betonglastechnik: in Markt Berolzheim (St. Hedwig) und in Ingolstadt (St. Pius, St. Josef, St. Anton-Kapelle).
Diese Technik erlebte vor allem in den Fünfziger Jahren im Kirchenbetonbau eine Blüte.
Bei diesem Verfahren werden 2 bis 3 cm dicke, zu Glasziegeln geformte Gussgläser mit dem Hammer gezielt so bearbeitet, dass Ausmuschelungen entstehen. Dadurch werden Lichtbrechungen und eine lebendige
Glasoberfläche hervorgerufen, die dem Charakter von Edelsteinen sehr nahe kommt. Mit einer bemerkenswerten Fertigkeit hatte Wendl sich diese Betonglastechnik angeeignet und es zu einer künstlerischen Meisterschaft
gebracht. Eine andere Technik, die der Bleiverglasung, hatte er beispielsweise für die Herz-Jesu-Kirche angewandt. Wendl malte dabei seine Bildmotive nie mit Schwarzlot auf die Antikgläser, sondern ließ die Motive nur
durch das Zuschneiden und Verbleien der Gläser entstehen. Die beiden Techniken – Betonglastechnik und Bleiverglasung – zeigen bei Wendl in dem mosaikartigen Zusammensetzen von bunten Glasstücken daher gewisse Parallelen.
Dazu ist ein auffälliges Kennzeichen aller seiner monumentalen Betonverglasungen die wellenförmige Bewegung der figürlichen Motive über mehrere Fenster hinweg. In den zahlreichen Kirchenverglasungen, die Wendl nach dem
Zweiten Weltkrieg schuf, ist er der Figuration treu geblieben. Insbesondere mit den Betonglaswerken hat er dabei zu einem persönlichen Stil gefunden und ein eigenständiges Spätwerk hinterlassen.
Angela Schiffhauer